Teengeist
Großteil der Gen Z fürchtet Burnout und Depressionen
Teengeist-Umfrage zu mentaler Gesundheit
Krieg, Klima und Corona – unsere Zeit ist geprägt von verschiedenen dystopischen Krisen, die den Alltag bestimmen. Der Krieg führt zu Rohstoffknappheit und steigenden Preisen. Die Klimakrise sorgt für Hitze und Extremwetter. Die Pandemie macht uns seit zweieinhalb Jahren krank – und das nicht nur körperlich. Die junge Generation bekommt die Auswirkungen all dieser Krisen besonders zu spüren. Was macht das mit ihr? Unser Teengeist-Team hat die Gen Z mit Appinio und W&V nach ihrer mentalen Gesundheit gefragt und ihre Antworten in die Altersklassen 14 bis 19 sowie 20 bis 25 Jahre einsortiert. Eine Erkenntnis: Nicht in jedem gesunden Körper steckt ein gesunder Geist.
Stress, Depressionen, Zukunftsangst: Wie mental gesund ist die Gen Z?
Mentale Gesundheit – was heißt das überhaupt?
Gesundheit ist das höchste Gut, lautet eine alte Floskel. Auch junge Leute sehen das noch so. Die Teengeist-Studie hat den 1000 jungen Teilnehmenden die offene Frage gestellt, was mentale Gesundheit für sie bedeutet. Dabei ließen allein 143 Teens das Wort „wichtig” in ihre Antwort einfließen. 153 von ihnen assoziieren mit mentaler Gesundheit „sich gut fühlen“. Auch „glücklich sein“ (83 Nennungen) und „Wohlbefinden“ (37 Nennungen) wurden häufig genannt. Für viele Befragte hängen körperliche und mentale Gesundheit zudem eng miteinander zusammen: Mehr als die Hälfte der Heranwachsenden (52 Prozent) setzen diese beiden Aspekte sogar gleich. „Mentale Gesundheit ist genauso wichtig wie körperliche Gesundheit und sollte auch so behandelt werden“, hieß es dazu in einer Antwort. Hier sehen die Teens im Umgang mit mentaler Gesundheit noch Nachholbedarf.
Was tun bei seelischen Sorgen – Ablenkung oder Konfrontation?
So einig sich die Teens über die Bedeutung von mentaler Gesundheit sind, so unterschiedlich gehen sie damit um, wenn es ihnen nicht gut geht. Auffällig ist aber: Die Mehrheit lenkt sich lieber ab, als ihre Probleme offen anzusprechen. So gaben fast die Hälfte (47 Prozent) an, dass sie Musik hören. 44 Prozent der Teens lenken sich mit Filmen, Serien oder Social Media ab. Nur rund ein Drittel (34 Prozent) der Heranwachsenden redet dagegen mit Freund:innen über ihr Befinden. Passend dazu suchen mehr als die Hälfte der Befragten (57 Prozent), die über Sorgen sprechen, ein offenes Ohr im Freundeskreis. Gegenüber ihren Eltern öffnen sich dagegen gerade einmal 29 Prozent der Teens. Immerhin fühlen sich aber fast zwei Drittel (63 Prozent) der Gen Z von der Familie ernst genommen, wenn es um ihre mentale Gesundheit geht. Die Älteren (20-25 Jahre) sogar noch mehr (67 Prozent) als die Jüngeren (14-19 Jahre, 59 Prozent). Was dagegen besorgt: Fast jede:r Fünfte frisst Probleme einfach in sich hinein – und öffnet sich niemandem gegenüber. Professionelle Hilfe holen sich noch weniger: Nur jede:r Zehnte hat angegeben, mit Therapeut:innen zu sprechen.
Professionelle Hilfe oder Selbsthilfe?
Trotz der großen Verschlossenheit gegenüber Therapeut:innen: 20 Prozent der Teens gaben an, bereits in psychotherapeutischer Behandlung gewesen zu sein. Beinahe jede:r Zwölfte befindet sich zudem aktuell in Therapie. Insgesamt fast zwei Drittel (61 Prozent) finden oder fanden ihre Behandlung hilfreich. Jedoch gaben auch fast 40 Prozent der früheren oder aktuellen Patient:innen an, dass ihre Therapie wenig bis gar nicht geholfen hat. Wer dagegen noch keine Erfahrungen mit professioneller Hilfe gemacht hat, steht dieser auch ablehnend gegenüber: Für 56 Prozent der Teens kommt eine Therapie nicht in Frage, die meisten davon (21 Prozent) sind sogar strikt dagegen. Für eine Therapie würden sich dagegen gerade einmal 20 Prozent der Heranwachsenden entscheiden.
Was hält die Gen Z davon ab – und wo würden sie sich die Hilfe stattdessen holen? Die meisten Teens (4 Prozent) sind der Meinung, eine psychotherapeutische Behandlung nicht nötig zu haben. 36 Prozent glauben, anderen ginge es sicher schlechter als ihnen. Vielleicht wollen sie ihnen den Therapieplatz daher nicht wegnehmen. Problematischer ist, dass sich fast jede:r Fünfte (18 Prozent) schämt, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Beratung 1:1 oder lieber auf Distanz?
Statt einer Therapie würden viele Befragte eher andere Angebote wahrnehmen. So hielten 35 Prozent von ihnen eine Beratung per Chat geeignet, wenn sie anonym über mentale Gesundheit sprechen könnten. Knapp 15 Prozent würden eine Hotline anrufen. Erst dann folgt mit dem Video-Chat das erste „persönliche“ Gespräch (27 Prozent). Tipps zur mentalen Gesundheit holen sich Teens aber wieder im sozialen Umfeld: Im Freundeskreis (35 Prozent), in den sozialen Netzwerken (28 Prozent) oder innerhalb der Familie (26 Prozent).
Corona und der Weltschmerz
Die Corona-Pandemie hat die Gen Z hart getroffen. Fast die Hälfte (48 Prozent) der Teens hat angegeben, dass sich ihre mentale Gesundheit in der Zeit etwas bis stark verschlechtert hat. Die Jüngeren (14-19 Jahre, 50 Prozent) haben etwas stärker zu knabbern gehabt als die Älteren (20-25 Jahre, 45 Prozent). Besonders beunruhigt hat die Befragten in den bisherigen Pandemie-Monaten vor allem fehlende soziale Kontakte (13 Prozent), die Sorge vor Corona insgesamt (6 Prozent) sowie die Angst vor einer Infektion (5 Prozent).
Neben Corona wirkt sich auch das Weltgeschehen auf das mentale Wohlbefinden der Gen Z aus. Viele haben Zukunftsängste (70 Prozent), fühlen sich hilflos, obwohl sie gerne helfen würden (62 Prozent) oder versuchen, Krisen wie den Ukrainekrieg, die Pandemie oder den Klimawandel zu verdrängen (64 Prozent). Inflation und steigende Energiekosten machen ebenfalls fast 80 Prozent der Gen Z Angst.
Wer macht hier Stress?!
Auch insgesamt scheint sich die junge Generation aktuell sehr zu stressen. Mehr als zwei Drittel (68 Prozent) haben angegeben, sich häufig gestresst zu fühlen. Ursache ist neben der Schule (33 Prozent) sowie der Ausbildung oder dem Studium (35 Prozent) vor allem die Zukunftsplanung (48 Prozent). Eine große Mehrheit (61 Prozent) macht sich zudem Sorgen, dass dieser Stress zu Depressionen oder Burnout führen könnte. All das bedingt auch die Ansprüche an Arbeitgeber. So wünschen sich die Heranwachsenden mit 44 Prozent vor allem eine gesunde Work-Life-Balance. Feedback und Anerkennung sind 29 Prozent der Teens wichtig. Und schließlich spielt für die Fachkräfte von morgen auch der offene Umgang mit psychischer Gesundheit eine Rolle (26 Prozent).
Neben Schule, Studium und Beruf haben auch die sozialen Medien einen Effekt auf die mentale Gesundheit der Teens – und zwar keinen durchweg negativen. So finden 83 Prozent von ihnen bei Instagram, TikTok und Co. Ablenkung, 71 Prozent lassen sich durch Social Media inspirieren und 66 Prozent haben das Gefühl, dort etwas zu lernen. Interessant zudem: Ein großer Teil der Teens (60 Prozent) fühlt sich in den sozialen Netzwerken mit ihren Problemen verstanden, weil sie dort erfahren, dass es anderen Menschen genauso geht wie ihnen. Auf der anderen Seite setzen die vermittelten Ideale in Sachen Beauty, Fitness und Ernährung mehr als die Hälfte (52 Prozent) unter Druck. Kein guter Effekt.